Gewaltprävention in Schulen und Kindergärten

Soziales Lernen

Einleitung

Das Bildungskonzept Soziales Lernen fördert die Beziehungs- und Beteiligungskultur in den Klassen und die Selbst- und Sozialkompetenz der SchülerInnen. Mit sich selbst und mit anderen auf eine konstruktive Weise umzugehen und Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz in einem ausgewogenen Verhältnis zu entwickeln ist das Ziel des Sozialen Lernens. Das Besondere dabei ist, dass die SchülerInnen nicht von einer schuleigenen Lehrkraft unterrichtet werden, sondern von einer Elterngruppe, die von einem/r TrainerIn ausgebildet wurden, begleitet wird.

Die Entwicklung zu einer multikulturellen, inklusiven Gesellschaft hat einen fundamentalen Einfluss auf die Schullandschaft, da die Heterogenität der Schülerschaft an Schulen steigt. Damit sind sowohl die zunehmende Spreizung der intellektuellen, als auch die sozialen und emotionalen Fähigkeiten der Schülerschaft gemeint. Vor dem Hintergrund dieser Heterogenität entsteht ein zunehmender Bedarf an Lösungsstrategien, um mit auftretenden Konflikten bei allen Gruppen professionell umgehen zu können. Es bedeutet für die Schulkinder, dass vermehrt soziale Kompetenzen benötigt werden, um mit Herausforderungen an dem Lebensort Schule und im Alltag umzugehen.

Die zusätzlichen Ansprüche an Schule einerseits gehen jedoch nicht mit einer Entlastung andererseits einher. Im Gegenteil, durch gesellschaftliche Entwicklungen, wie die zunehmende Berufstätigkeit von beiden Elternteilen, muss die Schule zusätzlich zu ihrem Bildungsauftrag vermehrt auch den Erziehungsauftrag (mit) übernehmen. Ungeklärte Rollen und Aufgaben von Lehrkräften und Eltern sind dabei eine häufige Ursache für Konflikte. Die fehlende Absprache verhindert eine effiziente Verfolgung gemeinsamer Erziehungsziele und beeinträchtigt die Beziehungen untereinander langfristig. Die Tragweite reicht von der grundsätzlichen Art und Weise der Zusammenarbeit und Akzeptanz in der Schule bis in das Klassenzimmer und bis zu der Beziehung zwischen dem einzelnen Schüler, seinen Eltern und der Lehrkraft.

An diesem Punkt setzt das Soziale Lernen an. Das Konzept vermittelt GrundschülerInnen ab der 2. Klasse Konfliktlösungsstrategien, die langfristig wirken und fester Bestandteil des eigenen Handelns der Kinder werden. In Absprache mit Lehrkräften, Schulleitungen und TrainerInnen erhalten Eltern hier die Chance, sich aktiv in den Erziehungsprozess einzubringen und ihn verlässlich und dauerhaft zu unterstützen.

Wie läuft das Soziale Lernen ab?

Das Soziale Lernen wird von einer Elterngruppe mit 2-4 Elternteilen pro Klasse durchgeführt. Die Eltern lernen die Arbeitsweise von einer/m schulexternen Pädagogin/en, einer/m sog. TrainerIn, der sie mindestens 6 Monate lang begleitet. Dazu werden die wöchentlichen Stunden von Trainer und Elternteam gemeinsam vorbereitet und nachbesprochen. Die Eltern lernen somit Schritt für Schritt die fünf Bausteine des Sozialen Lernens, um diese nach und nach selbständig zu übernehmen.

Kompetenzen:

Die Vermittlung dieser Kompetenzen erfolgt in einem immer gleichen Ablauf:

  1. Begrüßung/Einstieg: wir kommen zusammen, nehmen uns wahr
  2. Warming up: die Teilnehmer werden miteinander warm
  3. Hauptteil: das ist der thematische Schwerpunkt der Stunde
  4. Cooling down: der Spannungslöser, der die Stunde ausklingen lässt
  5. Abschlussritual: beschließt die Stunde

Der/die TrainerIn hat zu den einzelnen Punkten einen Spiel- und Übungskatalog, den er/sie den Eltern vorstellt. Beispiele für die Gestaltung können sein: Aufstellungen (z.B. Meinungslinien und Differenzenübungen), Moderationstechnik, professionelle Gesprächsführung, Rollenspiele, Forum-Theater, Interaktionsübungen, Einsatz verschiedener Materialien und Medien, Entspannungs- und Lerntechniken (z.B. Mindmapping). In den ersten sechs Monaten bereitet die/er TrainerIn die Stunden mit den Eltern gemeinsam vor. Die Auswahl der Methoden richtet sich dabei nach deren Alter und Reflexionsleistung der SchülerInnen sowie dem Prozessfortschritt des gemeinsamen Arbeitens. Im Laufe der Zeit übergibt die/er TrainerIn immer mehr Aufgaben an die Eltern, sodass diese nach ca. 6 Monaten die Gruppenleitung übernehmen können. Der Trainer steht aber als Ansprechpartner weiter zur Verfügung.

Wer ist an dem Sozialen Lernen beteiligt?

Am Sozialen Lernen sind vier Gruppen beteiligt, die jeweils einen eigenen Beitrag zu leisten haben.

Neben den Eltern und den Trainern, spielen auch die Schulleitung und die Lehrkräfte, ggf. auch SchulsozialarbeiterInnen eine wichtige Rolle. Der Schulleitung obliegt die Organisation des Programms. Sie muss das Soziale Lernen im Schulprogramm verankern, Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, vor allem aber die Elternarbeit initiieren und betreuen. D.h. neue Eltern vermitteln, sicherstellen, dass genügend geschulte Eltern da sind, und bei Konflikten vermitteln.

Die Lehrkräfte oder SchulsozialarbeiterInnen nehmen während der Stunden eine beobachtende Rolle ein, müssen aber bei der Akquise der Eltern helfen, die Zeit im Stundenplan bereitstellen und sollten die erarbeiteten Konfliktlösungsstrategien bei Gelegenheit zur Anwendung bringen.

Die Trainer sollen zunächst die Eltern in das Konzept des Sozialen Lernens einführen und sie durch ihre Unterstützung bestärken. Die regelmäßige Reflexion führt zu einer vertieften Selbstwahrnehmung in Anleitung und Durchführung des Sozialen Lernens und sorgt für eine qualitativ hochwertige Arbeit.

Die Eltern selber sind für die Durchführung des Sozialen Lernen mitverantwortlich. Sie müssen die Vor- und Nachbereitung in der Gruppe übernehmen und sicherstellen, dass genügend geschulte Eltern vor Ort sind. Sollten Probleme auftauchen – Unsicherheiten in der Umsetzung, Schwierigkeiten persönlicher oder personeller Art – obliegt es den Eltern, die Kommunikation mit der Schulleitung zu suchen.

Was sind die Ziele?

Beim Sozialen Lernen geht es um einen Prozess, der die Beziehungs- und Beteiligungskultur in den Klassen fördert und die Selbst- und Sozialkompetenz der SchülerInnen stärkt. SchülerInnen lernen, mit Sachthemen, mit sich selbst und mit anderen auf eine für alle Beteiligten konstruktive Weise umzugehen und Selbstkompetenz, Sozialkompetenz und Sachkompetenz in einem ausgewogenen Verhältnis zu entwickeln. Die Förderung dieser dynamischen Fähigkeiten soll die SchülerInnen auf Situationen vorbereiten, zu deren Bewältigung abrufbares Wissen und erworbene Erfahrungen allein nicht ausreichen, sondern in denen Lösungswege aktuell entwickelt werden müssen.

 

Folgende Zielsetzungen ergeben sich

1.    Entwicklung eines gemeinsamen Bildungs- und Erziehungsverständnisses zwischen Lehrkräften und Eltern an jeder Schule. Das Soziale Lernen bringt Eltern und Lehrkräfte miteinander ins Gespräch, um gemeinsame Erziehungsziele, Regeln und Werte abzustimmen und zu vereinbaren.

2.    Das Soziale Lernen verringert das Konfliktpotential und verbessert so das Klassenklima. Langfristig leistet es einen Beitrag zur Verbesserung des Schulklimas und ermöglicht damit ein besseres gemeinsames Lernen und Leben in der Schule.

3.    Das Soziale Lernen erweitert die Erziehungskompetenz der Eltern, indem Eltern gemeinsam mit den TrainerInnen das Soziale Lernen inhaltlich gestalten und entsprechende Reflexionsrunden abhalten.

 

Welche Chancen bietet das Soziale Lernen?

-       Durch das Soziale Lernen haben die Eltern die Chance zum Perspektivwechsel und können sich ein besseres Bild von der Arbeit und den Belastungen der Lehrkräfte verschaffen.

-       Sie werden zum festen Bestandteil des Schulalltags, indem sie Ressourcen und Kompetenzen einbringen.

-       Der Schulterschluss und die Abstimmung zwischen Lehrkräften und Eltern

ermöglicht eine Abstimmung über gemeinsame Bildungs- und Erziehungsziele.

-       Kinder verhalten sich in der Gruppe anders als zu Hause. Durch die Teilnahme können Eltern ihr Rollen- und Typenverständnis erweitern, da sie ihr Kind hier in einer gruppendynamischen Situation erleben. Die Vorstellung unterschiedlicher Rollen (Clown, Außenseiter, Vermittler) und Typen (verspielt, Schwätzer, schüchtern) erleichtert die Einordnung des eigenen Kindes.

-       Oftmals wurde geschildert, dass Eltern durch die Teilnahme am Sozialen Lernen „blinde Flecke“ im pädagogischen Umgang mit ihrem eigenen Kind erkennen (vgl. Schepers 2011; Weber 2014).

-       Die Eltern haben die Möglichkeit, an der Schulentwicklung und -gestaltung teilzunehmen.